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Mit Trionfini wird jede Seite zur Geschichte

70 Jahre Verleger-Familie Trionfini an der Altnauer Kaffeegasse

Am 1. September 2023 hat Verlegerin und Geschäftsinhaberin Ursina Trionfini im Allgemeinen Anzeiger einen Leadartikel über die Geschichte ihres Unternehmens verfasst:

Auf den Tag genau vor 70 Jahren, am 1. September 1953, haben meine Grosseltern Hedi und Walter Trionfini hier an der Kaffeegasse in Altnau ihren Grundstein für die Selbständigkeit gelegt. Davor haben sie mit ihren beiden Jungen, dem siebenjährigen Hanspeter und dem fünfjährigen Christian, in Trogen (AR) gewohnt. Vater Walter Trionfini war gelernter Buchdrucker und arbeitete in der Druckerei Meili in Trogen, Mutter Hedi Trionfini schaute wie damals üblich für die Kinder und den Haushalt.

Walter und Hedi Trionfini machen sich selbständig

Heute lebt und arbeitet mit meiner Familie die dritte Generation im grossen Haus mit Geschäft und darüberliegender Wohnung. Mir ist dies alles bestens bekannt. Seit ich denken kann, erinnere ich mich zum Beispiel an Grossmutters Papeterie, die als Kind eine grosse Anziehungskraft auf mich ausgeübt hat – übrigens wie damals üblich, lief das Geschäft unter dem Namen ihres Ehemannes. Aber selbstverständlich hat die Frau vom ersten Tag an kräftig mitgearbeitet. Das muss eine grosse Umstellung gewesen sein, für die ganze Familie, besonders aber für die beiden Knaben. Das grosse Haus, Mutter und Vater ständig im Betrieb bei der Arbeit. Und dann der Kantonswechsel. Hanspeter Trionfini erzählte uns, seinen Kindern, immer wieder, wie gross der «Kulturschock» gewesen war. In Trogen noch ein guter Schüler, hat er in Altnau plötzlich nicht mehr verstanden, wie sie hier am See die Buchstaben lernen.

Die zweite Generation übernimmt

Ich erinnere mich also gut an die Papeterie, gleich rechts wenn man zur Tür herein kam. Und an Grossvaters Maschinen. Eine davon ist noch heute bei uns im Einsatz, wenn geprägt, gestanzt oder nummeriert werden muss. Wir haben damals in Altnau an der Bahnhofstrasse gewohnt. Als ich in den Kindergarten gekommen bin, war uns das Haus nicht unbekannt, und doch war es ein grosser Schritt, als meine Grosseltern von der Kaffeegasse ins Haus an der Breite 5 umgezogen sind, und wir plötzlich im Oberdorf wohnten. Die zweite Generation hatte übernommen, und von da an, bekam ich mit, welche Herausforderungen auf die Familie im Haus an der Kaffeegasse 3 warteten, was Branche und Betrieb beschäftigten oder bewegt haben.

Ein mutiger Schritt in eine neue Zukunft

Doch wie war es vor 70 Jahren? 1953, keine zehn Jahre nach Kriegsende, just zu dem Zeitpunkt, als das «sehr junge» Schweizer Fernsehen die erste Tagesschau ausstrahlte. Die Familie aus dem Appenzellerland war bürgerortsberechtigt in Reuti bei Bussnang, also im Thurgau heimatberechtigt. Aber in Altnau kannte sie bis auf Familie Knöpfli, die ebenfalls in der Kaffeegasse wohnte, vorerst niemand. Dieser grosse Schritt in eine neue Zukunft muss als sehr mutig bezeichnet werden. Entweder war Grossvaters Überzeugung, hier eine gute und sichere Zukunft für seine Nachkommen aufbauen zu können, unerschütterlich gross, oder der Wille, aus dem Angestelltenverhältnis wegzukommen stark genug, um mit der ganzen Familie und Sack und Pack loszuziehen. Den Grund kennt heute niemand mehr so genau. Aber die Gegenwart zeigt, dass sie gut entschieden haben, damals vor 70 Jahren, Hedi und Walter Trionfini.

Es gibt ein Dokument, welches den Kaufpreis von 95 000 Franken bescheinigt «für ca. zehn Aren 20 m² Gebäudegrundfläche, Hof und Garten mit Wohnhaus und Geschäftsräumen, brandversichert für 104 000 Franken». Darin enthalten waren «Maschinen und Betriebsinventar im Gesamtwert von 30750 Franken». Aus der separaten Zusammenstellung lässt sich ablesen, dass es sich um zwei Tiegeldruckpressen handelte, eine Schnellpresse im Format 54 x 72 cm, ein Kobold Automat und verschiedene Ausrüstereimaschinen. Die Druckmaschinen mit separat erwähntem Elektromotor, die Ausrüstmaschinen zum Perforieren, Schneiden Heften «für Handbetrieb». Ausserdem Schriften, Linien und Blindmaterial für 5000 Franken sowie «8 Regale mit 110 Schriften, ca. 2500 kg» für 8000 Franken. Und eine Mosterei-Einrichtung.

Walter Trionfini, so erinnert sich Sohn Hanspeter, hatte anfänglich zwei Angestellte des vormaligen Druckereibesitzers, Franz Xaver Michel-Mangold, übernommen. Sich aber bald vom Drucker getrennt, da er selbst Buchdrucker war. Ein Schriftsetzer hat meist angestellt werden müssen.

Druckerei und Verlag

Es ist bekannt, dass 1904 das ursprüngliche Haus an der Kaffeegasse, das dem Sattler Arnold Bär gehört hatte, abgebrannt war. Erst 1908 hat Adalbert Mangold das heutige Haus «bauen lassen». 1953 hat sein Schwiegersohn, Franz Xaver Michel-Mangold, Haus und Geschäft eben an die Familie Trionfini verkauft. Anfangs als Sackkleberei gebaut, haben Mangolds erst später Druckerei und Verlag gegründet. Darum gilt das Jahr 1911 als Gründungsjahr für die Zeitung, den Allgemeinen Anzeiger. Auffällig ist, dass vor 1953 Familie Michel-Mangold die «einspaltig Millimeterzeile für 20 Cts.» verkaufte, Walter Trionfini passte kurz nach der Übernahme den Preis an auf 8 Cts. Was die Beweggründe dazu waren, kann heute niemand mehr sagen. Ein Versuch, mehr oder schneller Inserenten zu gewinnen? In Altnau und Güttingen wurde der Allgemeine Anzeiger als amtliches Publikationsorgan bezeichnet, mit einem Abonnementspreis von 4 Franken, wenn man die Zeitung durch Verträger zugestellt bekommen wollte, oder für 5 Franken, wenn die Verteilung per Post bevorzugt wurde.

Nebenstehend findet unsere heutige geschätzte Leserschaft die erste Seite des am 28. August 1953 erschienenen Blatts. Der Umfang der damaligen Ausgabe betrug vier Seiten. Im Inserat auf der ersten Seite erklärt Familie Michel-Mangold den Verkauf an die Familie Walter Trionfini «mit höflicher Empfehlung».

Für Menschen von heute

Wir werden ab heute bis in einem Jahr einmal pro Monat eine Seite aus dem Archiv von 1953 oder 1954 abbilden, immer passend auf Saison und Jahreszeit. Denn in diesen Archivausgaben finden sich nicht nur Hinweise auf den Geschäftsverlauf und die Aktivitäten von Druckerei und Papeterie Walter Trionfini, sondern auch auf Menschen und Betriebe, die man zum Teil heute noch kennt.

«Das ist das Wesen einer Zeitung: Sie informiert aktuell für die Menschen von heute, und sie nimmt eine wichtige Aufgabe wahr als Zeitzeugin für die Menschen von morgen. Freuen Sie sich, geschätzte Leserin, geschätzter Leser, auf eine monatlich wiederkehrende Zeitreise mit Aha- und Wiedererkennungseffekt. Und bestimmt dem einen oder anderen Beitrag zum Staunen oder Schmunzeln.»

Ursina Trionfini, Verlegerin Allgemeiner Anzeiger, 1.  September 2023



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